Die süße Versuchung: Warum ein gewisser Zuckergehalt im Heu für Pferde unbedenklich ist
In der Welt der Pferdefütterung ranken sich viele Mythen und Missverständnisse um Zucker im Heu. Lest in diesem Beitrag der Info-Wiese, warum ein natürlicher Anteil an Zucker im Heu tatsächlich kein Grund zur Sorge sein muss!
Pferdefütterung kann eine komplexe Angelegenheit sein, bei der viele Faktoren berücksichtigt werden müssen, um die Gesundheit und das Wohlbefinden der geliebten Tiere zu gewährleisten. Ein entscheidender Aspekt, der oft diskutiert wird, ist der Anteil an Saccharose, Glucose und Fruktanen im Heu.
Heu mit einem niedrigen Zuckergehalt wird oft als die bessere Wahl angesehen, insbesondere für Pferde, die zu Erkrankungen wie Hufrehe oder Equinem Metabolischen Syndrom (EMS) neigen. Aber wie viel Zucker im Heu ist eigentlich normal?
Wir werfen einen wissenschaftlichen Blick auf dieses Thema.
Zuckergehalt im Heu: Natürliche Schwankungen
Der Zuckergehalt im Heu kann variieren, abhängig von verschiedenen Faktoren wie Pflanzenart, Erntezeitpunkt und Umweltbedingungen. Ein Wert von etwa 10 % ist dabei völlig natürlich. Weist das Heu einen Anteil von über 15 % auf, ist es für die Pferdefütterung nur bedingt geeignet und kann vornehmlich bei stoffwechselempfindlichen Pferden zu gesundheitlichen Problemen führen.
Warum Pflanzen Zucker einlagern
Um zu verstehen, warum Pflanzen Zucker einlagern, müssen wir einen Blick auf ihren Stoffwechsel werfen. Pflanzen produzieren insbesondere Glucose und Saccharose, aus verschiedenen Gründen:
• Energiequelle: Zucker dient Pflanzen als Hauptenergiequelle. Durch den Prozess der Photosynthese wandeln Pflanzen Sonnenlicht in chemische Energie in Form von Zucker um.
• Transportmittel: Saccharose wird von Pflanzen verwendet, um Nährstoffe und Energie zwischen verschiedenen Geweben, einschließlich Blättern und Wurzeln, zu transportieren.
• Überlebensstrategie: Pflanzen können Zucker in ihren Wurzeln speichern, wo er in Zeiten von Trockenheit oder über die Wintermonate als Energiequelle zu dient.
• Reproduktion und Fruchtbildung: Zucker spielt eine entscheidende Rolle bei der Produktion von Blüten und Früchten. Er ist eine Energiequelle für die Entwicklung von Blüten und die Bildung von Samen. Blumen produzieren oft Nektar, der reich an Zucker ist, um Bestäuber anzulocken, die dann bei der Bestäubung helfen.
• Stressbewältigung: Zucker kann dazu beitragen, Pflanzen vor Stressfaktoren zu schützen, wie beispielsweise Kälte, Trockenheit oder Krankheiten. Einige Pflanzen erhöhen ihre Zuckerspeicher als Reaktion auf Stress, um sich besser an die Bedingungen anzupassen.
Insgesamt ist die Fähigkeit zur Zuckerakkumulation eine überlebenswichtige Anpassung der Pflanzen an ihre Umwelt und spielt eine zentrale Rolle in ihrem Stoffwechsel.
Wovon hängt ab, wie viel Zucker letztlich im Heu steckt?
Der Gehalt im Heu wird hauptsächlich von Faktoren wie Pflanzenart, Erntezeitpunkt, Wetterbedingungen und Bodenqualität beeinflusst. Faktoren, die den Zuckergehalt im Heu beeinflussen:
• Tageszeit und Wetter: An sonnigen Tagen kann das Gras mehr Zucker produzieren, da die Fotosynthese effizienter abläuft.
• Reifegrad des Grases: Jungeres Gras enthält oft mehr Zucker als älteres, stengeligeres Gras.
• Schnittzeit: Das Mähen von Gras zur Mittagszeit, wenn die Sonne am intensivsten scheint, kann den Zuckergehalt erhöhen.
Heuanalyse: Von Zeit zu Zeit sehr hilfreich
Wer genaue Informationen über den Zuckergehalt seines Heus haben möchte, sollte eine Heuanalyse in einem Labor durchführen lassen. Dabei kann sowohl auf Nährwerte als auch die mikrobielle Belastung geprüft werden. Schickt man schon einmal Heu ein, ist eine umfassende Probenanalyse in beiden Bereichen ratsam. Für eine verlässliche Aussagekraft der Ergebnisse ist es zwingend erforderlich, der vom Labor gegebenen Anleitung zur Probenentnahme zu folgen.
Die Kunst der artgerechten Fütterung
Ein wesentlicher Aspekt bei der Beurteilung des Zuckergehalts im Heu ist die Gesamtfütterung des Pferdes: Solange sie artgerecht und ausgewogen ist und den Nährstoffbedarf des Pferdes erfüllt, ist ein Zuckergehalt im untersten zweistelligen Bereich kein Grund zur Besorgnis. Denn Pferde sind in der Lage, moderate Mengen Zucker zu verstoffwechseln, besonders, wenn sie täglich ausreichend Bewegung und Auslauf haben. Die Fütterung an das Arbeitspensum des Pferdes anzupassen, ist unerlässlich. Das gilt für gesunde Pferde ebenso wie für kranke und stoffwechselempfindliche Tiere.
Der natürliche Zuckergehalt im Heu ist ein integraler Bestandteil des Futters und muss nicht zwangsläufig vermieden werden. Aktive Pferde können einen gewissen Zuckergehalt im Heu problemlos verarbeiten. Ein insgesamt ausgewogenes Verhältnis von Nährstoffen, einschließlich Fasern, Proteinen, Vitaminen und Mineralstoffen, ist entscheidend für die Gesundheit der Pferde.
Versteckte Zuckerfallen in der Pferdefütterung
Neben der Energie, die Heu liefert, gibt es weitere Quellen von Zucker in der Pferdefütterung, die oft unterschätzt werden. Hier sind einige alltagsrelevante:
• Getreide: Getreide wie Hafer und Gerste enthalten natürlicherweise Stärke, die im Körper in Zucker umgewandelt wird. Wenn sie in größeren Mengen gefüttert werden, kann dies zu einem Anstieg des Zuckergehalts in der Gesamtration führen.
• Müsli: Viele kommerzielle Müslisorten für Pferde enthalten zugesetzten Zucker, um den Geschmack zu verbessern. Es ist wichtig, die Inhaltsstoffe sorgfältig zu überprüfen.
• Zusatzfutter: Einige Zusatzfutter können ebenfalls Zucker enthalten. Oft wird Melasse zugesetzt, um die Akzeptanz zu erhöhen und das Produkt auch für mäkelige Pferde schmackhaft zu machen.
• Leckerchen: Belohnungen und Leckerchen sind manchmal süß und sollten nicht zu großzügig gereicht werden.
• Obst und Gemüse: Auch scheinbar gesunde Leckereien wie Äpfel, Karotten, Rüben und Rote Beete enthalten natürlichen Zucker. Während sie in Maßen gefüttert werden können, sollte man bedenken, dass ihr Zuckeranteil zusammen mit anderen Zuckerquellen in der Ration addiert wird.
• Melasse: Melasse, ein dickflüssiges Nebenprodukt der Zuckerherstellung aus Zuckerrohr oder Zuckerrüben, wird gelegentlich in Futtermitteln verwendet, um den Geschmack zu verbessern oder die Pelletierung zu erleichtern. Dies kann zu einem erheblichen Anstieg des Zuckergehalts führen. Es ist ratsam, die Etiketten von Futtersäcken sorgfältig zu lesen, um sicherzustellen, dass Melasse nicht in großen Mengen enthalten ist.
Die Rolle von hochwertigem Heu
Die meisten Pferde arbeiten nicht im Hochleistungssport und behalten bei reiner Heufütterung ein gesundes Körpergewicht sowie einen stabilen Energiehaushalt, ohne auf Kraftfutter angewiesen zu sein. Durch den Verzicht auf Kraftfutter, das hohe Mengen Zucker und Stärke liefert, lassen sich unnötige Stoffwechselbelastungen vermeiden.
Hochwertiges Heu liefert essenzielle Nährstoffe, darunter Proteine, Vitamine und Mineralstoffe. Ein Pferd, das nicht im Leistungssport aktiv ist, kann seinen Nährstoffbedarf in der Regel durch Heu, Mineralfutter und ausreichend Wasser decken.
Ergänzung mit Mineralfutter
Um sicherzustellen, dass das Pferd alle Nährstoffe bekommt, die es braucht, sollte die Ernährung mit einem passenden Mineralfutter ergänzt werden. Dieses berücksichtigt die individuellen Bedürfnisse des Pferdes, vorausgesetzt, es wird an Veränderungen der Lebensumstände sowie die jeweils aktuelle Fütterung angepasst. Empfehlungen dazu gibt es vom Tierarzt oder Ernährungsexperten.
Ausgewogene Fütterung: Das ist doch Zucker!
Die Frage des Zuckergehalts im Heu ist ein spannender Aspekt der Pferdefütterung, aber er sollte nicht überbewertet werden. Die Schlüsselkomponente ist ein abgestimmtes Fütterungskonzept, das die Bedürfnisse des jeweiligen Pferdes individuell berücksichtigt.
Solange wir unseren Pferden ausreichend Bewegung bieten und ihre Gesundheit regelmäßig überwachen, können wir sicher sein, dass ein moderater Zuckergehalt im Heu keine Bedrohung darstellt. Am Verfüttern von kräuterreichem und schmackhaftem Heu sollte niemand zu knabbern haben – außer den Pferden!