Schimmelpilze im Heu
Eine Gesundheitsgefahr, die sich gewaschen hat
Neue Methoden und Patente suggerieren, dass Heu von minderer Qualität für Pferde dabei so aufbereitet wird, dass es unbedenklich verfüttert werden kann. Lest auf unserer Info-Wiese, warum es sich lohnt, lieber in hochwertiges Heu zu investieren…
Bekannt, aber nicht gelöst: Das Problem mit der Heuqualität
Als Pferdebesitzer sollte man wissen, welch zentrale Rolle die Heuqualität für Pferde spielt. Da das Strukturfutter den größten und wichtigsten Teil der Nahrung für den Vierbeiner ausmacht, beeinflusst es maßgeblich sein Wohlbefinden und seine Gesundheit.
Öfter als mancher Reiter denkt, stecken hinter diversen Symptomen die Folgen der Fütterung von minderwertigem Heu. Entstehen können gesundheitliche Probleme im Bereich der Verdauung, der Atemwege sowie auch in Stoffwechsel und Blutbild.
Allein die Einsicht ermöglicht es aber nicht unbedingt, für hochwertiges und einwandfreies Heu zu sorgen: Viele haben ihr Pferd untergestellt und können somit keinen direkten Einfluss darauf nehmen, welches Heu gekauft und verfüttert wird. Stallbetreiber versuchen häufig, Kosten einzusparen und beziehen deshalb entweder preisgünstiges Heu oder verfüttern kontaminierte Ballen, die eigentlich nicht als Pferdefutter verwendet werden dürften.
Nicht verwechseln: Schimmelpilze, Schimmelsporen, Mykotoxine
Um die schädlichen Auswirkungen für Pferde in Grenzen zu halten, wenn schimmelbefallenes oder sehr staubiges Heu gefüttert wird, ist es gängige Praxis, das Raufutter zu waschen oder zu bedampfen. Um einschätzen zu können, ob und wann diese Maßnahmen sinnvoll sind, hilft es, die Begriffe rund um Schimmel zu kennen und nach ihren Eigenschaften sorgfältig zu unterscheiden:
Der Schimmelpilz, landläufig oftmals nur als „Schimmel“ bezeichnet, ist ein sichtbares Geflecht aus Pilzfäden (Myzel). Er lässt sich durch bestimmte Einwirkungen wie Hitze, so zum Beispiel beim Bedampfen bei etwa 70° abtöten.
Bei Schimmelsporen handelt es sich um ein unsichtbares Entwicklungsstadium von Schimmelpilzen, sie dienen ihrer Vermehrung und Überdauerung und sind in der Luft vorhanden. Je nach Schimmelbefall steigt die Konzentration in der umgebenden Luft an und kann gesundheitliche Schäden verursachen, da die Sporen lungengängig sind, also eingeatmet werden. Sie sind außerordentlich widerstandsfähig und sichern durch das Bestehen unter widrigsten Bedingungen dem Schimmelpilz das Überleben. Ein Abtöten der Sporen ist im Grunde nicht möglich.
Unter Mykotoxinen versteht man die giftigen Stoffwechselprodukte des Schimmelpilzes, die von ihm ausgeschieden werden. Ähnlich den Sporen können auch Mykotoxine nicht durch Hitze oder andere Einwirkung zerstört werden. Mit der Schimmelbelastung im Futter steigt auch die Konzentration der Mykotoxine und damit die Giftigkeit der betroffenen Nahrung.
Wässern und Bedampfen: Nichts als heiße Luft?
Abhilfe schaffen sollen Methoden wie das Wässern oder Bedampfen des Heus. Durch die Feuchtigkeit beim Bedampfen lassen sich lungengängige Toxine wie Pilzsporen zwar binden, sie bleiben aber im Heu und werden vom Pferd mitgefressen. Auch Mykotoxine, die giftigen „Nebenprodukte“ des Schimmelpilzes, lassen sich auf diese Weise nicht unschädlich machen. Vermeiden kann man damit lediglich, dass sie vom Pferd eingeatmet werden. Husten und atemwegsbezogene allergische Reaktionen mögen geringer ausfallen, eine Unbedenklichkeit für das Heu ist daraus aber nicht abzuleiten.
Wer das Heu fürs Pferd wässert oder wäscht, spült durchaus einen Teil der belastenden Keime aus, zugleich aber auch Nährstoffe und Zucker. Dies ist bei der Rationsberechnung insbesondere bei schwerfuttrigen und älteren Pferden unbedingt zu berücksichtigen. Verluste an Mineralstoffen und Spurenelementen sind auszugleichen, um Mangelerscheinungen vorzubeugen. Vorteilhaft kann die Methode im Einzelfall für stoffwechselkranke Pferde sein, für die ein reduzierter Zuckergehalt wünschenswert ist. Wobei zu bedenken ist, dass Pferde das nasse Heu weniger gründlich kauen und die verminderte Speichelproduktion eine geringere Pufferleistung im Magen nach sich zieht. Die positive Eigenschaft des Heus für die Verdauung wird durch Wässern eingeschränkt.
Fast Food: Schneller Verderb
Problematisch erweist sich die Feuchtigkeitszufuhr beim Heu hinsichtlich einer raschen Verderblichkeit: Das Wachstum von Bakterien und Hefen explodiert förmlich unter diesen Bedingungen: So muss feuchtes Heu innerhalb von Stunden verfüttert werden. Länger gelagert ist das Raufutter durch eine zunehmende mikrobielle Belastung verdorben und nicht mehr als Futter geeignet.
Besser wird’s nicht: Nur gutes Heu anfeuchten!
Pferdebesitzer, die glauben, allein durch Bedampfen würde die Qualität des Heus zunehmen, irren: Wer minderwertiges Heu bedampft, verfüttert bedampftes, minderwertiges Heu.
Bei hustenden Pferden oder Asthmatikern kann das Anfeuchten von hochwertigem Heu allerdings Linderung der Beschwerden bringen, weil die losen Partikel gebunden werden und nicht in die Atemwege gelangen. So entfällt der mechanische Reiz in den Schleimhäuten. Das Mitfressen von Kleinstteilen aus Halmbruch und geringen Mengen Erde ist unbedenklich, sofern keine Schimmelbelastung vorliegt.
Versteckte Gefahr: Heuanalysen bringen Klarheit
Ob das Heu Pilzsporen und Mykotoxine enthält, lässt sich mit bloßem Auge nicht erkennen. Gewissheit über die Heuqualität liefert letztlich nur eine Analyse. Dazu wird Heu eingeschickt und im Labor untersucht. Wer beunruhigende Ergebnisse erhält, kann ein Gespräch mit dem Stallbetreiber führen. Bleibt dieses fruchtlos, was leider im Stallalltag oft der Fall ist, so sollte ein Stallwechsel der nächste Schritt sein. Denn auf lange Sicht wird ein Pferd, das mit kontaminiertem Heu gefüttert wird, seinem Besitzer nicht nur Kummer, sondern auch hohe Tierarztkosten einbringen.
Vergiftungsprozesse haben viele Gesichter
Die gesundheitlichen Folgen für Pferde können sehr unterschiedlich sein. Während ein Teil der Pferde stark auf eingeatmete Staubpartikel und Sporen reagiert, erkranken andere an der Belastung durch Mykotoxine. Diese Schimmelpilzgifte gelangen über den Verdauungstrakt ins Blut und können sich sehr unterschiedlich auswirken:
• Krebserregend
• Erbgutschädigend
• Leber- und nierenschädigend
• Blutbildverändernd
• Haut- und nervenschädigend
Häufig treten im Zusammenhang mit Schimmelpilzen oftmals Koliken, allergische Reaktionen, Kotwasser und beunruhigende Leberwerte auf. Während Equines Asthma und Husten rasch mit der Heufütterung in Verbindung gebracht werden, tappen Pferdebesitzer und Tierärzte oft lange im Dunkeln, wenn es um anhaltend schlechte Blutwerte geht.
Die ständig massive Belastung des Stoffwechsels durch Toxine im Futter kann sowohl die Entgiftungsorgane als auch Atemwege und Verdauungstrakt dauerhaft schädigen.
Dies kann sich in folgenden Symptomen zeigen:
• Verschleimte Atemwege, Husten
• Allergien wie Ekzeme oder Asthma
• Schlechte Leberwerte
• Koliken, Kotwasser
• Stoffwechselentgleisungen
• Verhaltensänderungen durch Nervenschädigungen
Tief durchatmen bei der Stallarbeit
Wer täglich im Stall arbeitet und die Pferde füttert oder bei der Fütterung in der Nähe ist, atmet selbst den Staub ein, der bei der Heufütterung aufgewirbelt wird. Auch deshalb ist es wichtig, dass das Raufutter, das verteilt und herumgeschoben wird, nicht mit Schimmelpilzen belastet ist. Es gibt mit recht kein gutes Gefühl, einzuatmen, was Pferde krankmacht. Wer also das Heu extra wässert oder bedampft in der Absicht, gesundheitsschädliche Keime zu reduzieren, der inhaliert einen Teil davon bereits, bis er es dem Pferd anbieten kann.
Fehlerquellen: Wie gelangt der Schimmel ins Heu?
Nicht automatisch gewinnt man qualitätsvolles Pferdeheu aus einer geeigneten Wiese: Entscheidend für die Güte ist neben einer sorgfältigen Wiesenpflege auch der Erntezeitpunkt. Wird mit dem Mähen zu lange gewartet, verunreinigen verholzte und abgestorbene Pflanzenteile das Heu. Auch ungünstige Witterungsbedingungen zum Erntezeitpunkt sowie tierische Schädlinge erhöhen das Risiko einer Verkeimung.
Nach der Ernte begünstigen eine zu hohe Restfeuchte oder falsche Lagerung die Schimmelbildung im Heu. Sowohl eine zu feste Pressung als auch eine sehr platzsparende, enge Lagerung der Ballen können das Wachstum unerwünschter Keime fördern.
Für den Erhalt der Heuqualität sollte auf eine lockere und luftige Lagerung geachtet werden.
Die Auswahl eines geeigneten Pferdeheus sowie eine schonende Behandlung der Ware bei Transport und Lagerung mögen manchmal aufwendiger sein als gedacht.
Die Mühe wert ist das aber für Pferd und Reiter:
Denn wen juckt es schon, wenn er seine Nase in gesundes Heu steckt?